Weizensteinbrand

(Tilletia tritici, syn. T. caries)

 

Vorkommen und Schadbild

Der Erreger von Weizensteinbrand, auch Stinkbrand genannt, befällt alle Kulturarten des Weizens. Hauptsächlich betroffen sind Winterweizen und Dinkel, manchmal auch Sommerweizen. Weizensteinbrand kommt in allen Weizenanbaugebieten, insbesondere in den kühleren Klimaten vor.
Mit Steinbrand befallene Ähren haben eine blaugrüne Farbe. Die Spelzen der Ährchen sind gespreizt. Partieller Befall der Ähren ist möglich. Kranke Pflanzen können etwas kürzer sein. Statt Körnern entwickeln sich so genannte Brandbutten mit einer schwarzbraunen Sporenmasse, die nach Fisch riecht. Manchmal ist eine erhöhte Bestockung bei infizierten Pflanzen zu erkennen.
In manchen Fällen und mit viel Erfahrung sind bereits Frühsymptome der Steinbranderkrankung an den Blattspreiten durch perlschnurartige, chlorotische Blattflecken erkennbar.

Bedeutung

Weizensteinbrand ist die wichtigste saatgutübertragbare Getreidekrankheit im Ökologischen Landbau. Ein starker Befall mit Weizensteinbrand führt zu hohen Ertragsausfällen und es kommt durch die beim Mähdrusch austretende Sporenmasse zu starken Qualitätsbeeinträchtigungen des Erntegutes als Lebens- oder Futtermittel. Dabei ist zu beachten, dass die Sporen giftig sein können.
In der Z-Saatgutvermehrung führt bereits ein geringer Befall mit Steinbrand von maximal fünf befallenen Pflanzen je 150 m2 zur Aberkennung. Bei der Produktion von Basissaatgut liegt der Grenzwert bei drei Pflanzen je 150 m2.

Befallsausbreitung

Als bedeutendster Übertragungsweg gelten am Saatkorn anhaftende Sporen. Eine Infektion über den Boden ist möglich, spielt aber unter den feuchteren Klimabedingungen Deutschlands in der Regel eine geringe Rolle. Aktuell wird jedoch eine Zunahme dieser Problematik beobachtet. Unter sehr trockenen Bedingungen können Sporen von vorhergehender Weizenkultur im Boden überleben und die Folgekulturen infizieren. Unter Umständen können auch durch Pflügen in tiefere Bodenschichten vergrabene Sporen dort viele Jahre überdauern und Folgekulturen infizieren, wenn der Steinbrand wieder an die Oberfläche gelangt. Die Möglichkeit der Bodeninfektionen sollte beachtet werden, da diese unter Umständen ein zu hohes Infektionspotenzial für die Saatgutvermehrung darstellt.  aus, aus denen sich ein infektiöses Pilzmyzel entwickelt und so   den zeitgleich keimenden Weizen befällt. Der günstige Temperaturbereich für die Sporenkeimung liegt im Bereich von 5 bis 10° C. Der Getreidekeimling kann bis zu einer Größe von etwa 2 cm vom Pilz infiziert werden. Der Erreger breitet sich bis zum Vegetationspunkt aus und besiedelt die heranwachsende Ährenanlage. Die Ährchen entwickeln sich zu so genannten Brandbutten, welche Pilzsporen in großer Anzahl enthalten. Diese werden beim Mähdrusch freigesetzt und bewirken so die Infektion der gesunden Körner.

Ein Sporenbesatz von 10 bis 20 Sporen pro Korn gilt als untere Grenze für das Ergreifen von Bekämpfungsmaßnahmen.

Regulierung durch vorbeugende Maßnahmen

  • Verwendung von gesundem Saatgut mit hoher Keimfähigkeit bzw. Triebkraft (auf Steinbrand untersuchtes Z-Saatgut bzw. Saatgutgesundheitstest bei Nachbau; Untersuchungslabore im Anhang)
  • Gegebenfalls auf weniger anfällige Sorten zurückgreifen
  • Alle Maßnahmen, die ein zügiges Auflaufen bewirken (z. B. frühe Winter-, späte Sommerweizensaat)
  • Saatgut nicht zu tief ablegen
  • Verbreitung der Sporen durch Erntemaschinen vermeiden

Regulierung durch Saatgutbehandlungsmaßnahmen

Da gesunden Körnern die infektiöse Sporenmasse außen an der Samenschale anhaftet, sind einerseits der Nachweis und andererseits auch die Bekämpfung vergleichsweise einfach. So sind zum Beispiel mechanische Verfahren wie intensives  Reinigen oder Bürsten des befallenen Saatgutes erfolgreich. Auch eine Waschung mit kaltem Wasser kann bereits gewisse Bekämpfungserfolge erzielen. Folgende Mittel und Verfahren haben sich bewährt:

  • Einsatz des Pflanzenstärkungsmittels Tillecur®, flüssig oder trocken (Rücktrocknung des Saatgutes entfällt bei Tillecur® trocken)
  • Beizung mit Essigsäure1 (15 %, 2 l/100 kg)
  • Bürsten des Saatgutes mittels Saatgutbürste
  • Heiß- und Warmwasserbeizung

1Derzeit nicht zulässig gemäß EG-Öko-VO

Anfälligkeit von Winterweizensorten für Weizensteinbrand

Im Rahmen der Sortenzulassung durch das Bundessortenamt findet keine Überprüfung der Steinbrandanfälligkeit statt, so dass die ’Beschreibende Sortenliste’ auch keine Angaben zur Anfälligkeit bzw. Widerstandsfähigkeit der dort gelisteten Weizensorten gegenüber Steinbrand enthält. Eine wissenschaftliche Überprüfung hat jedoch gezeigt, dass das Sortiment an im Öko-Landbau bewährten Handelssorten weit überwiegend anfällig für Steinbrand ist. Allein die Sorten GLOBUS, MAGNIFIK, STAVA, TAMBOR, TARSO, TOMMI, TULSA und XENOS verfügen über eine Toleranz gegenüber Weizensteinbrand. Andere im deutschen Öko-Anbau gängige Sorten erwiesen sich als mehr oder minder anfällig für diese Krankheit. Bei Sommerweizen zeigten sich COMBI, MELON, QUATTRO und THASOS im Sortiment der verfügbarenHandelssorten als tolerant gegenüber Steinbrand.

Eine Untersuchung auf Steinbrandbefall ist in Deutschland nicht gesetzlich vorgeschrieben. Z-Saatgut, welches Erzeugergemeinschaften von Öko-Anbauverbänden vertreiben, wird jedoch auf Sporenbesatz kontrolliert.
Bei mehrmaligem Nachbau sollten Landwirte ihr Saatgut ebenfalls untersuchen lassen.

 

aus: Wilbois K.-P., Vogt-Kaute W., Spieß, H., Jahn M., Koch E. 2007: Leitfaden - Saatgutgesundheit im Ökologischen Landbau – Ackerkulturen. FiBl, Galvanistr. 28, 60486 Frankfurt